Häufig gestellte Fragen zum Kurzdarmsymptom
In der Regel ist das Kurzdarmsyndrom ein Folgezustand, der nach einem operativen Eingriff auftritt, wenn ein großer Teil des Darm entfernt werden musste. In einigen Fällen kann ein verkürzter Darm aber auch angeboren sein.
Beim Kurzdarmsyndrom kann der Darm nur noch bedingt Wasser, Mineralien, Spurenelemente und Co. aufnehmen. Viele Patienten leiden deshalb vor allem unter Durchfall, aber auch eine Gewichtsabnahme oder schwere Mangelernährung sind möglich.
Das Kurzdarmsyndrom gehört zu den eher seltenen Krankheiten. Genaue Zahlen sind bislang nicht bekannt. In Deutschland wird davon ausgegangen, dass etwa 34 Patienten pro 1 Million Einwohner betroffen sind.1
Nach der operativen Entfernung der Dünndarmabschnitte gibt es 2 Möglichkeiten: Die Funktion des Darms ist noch erhalten, weshalb die enterale Ernährungstherapie (unter Beteiligung des Darms) zum Einsatz kommt. Oder: Die Darmfunktion ist dauerhaft beziehungsweise vorübergehend gestört. In diesem Fall müssen Patienten über die Vene ernährt werden (parenterale Ernährung).
Um den Darm nicht zu überfordern, sind zu Beginn der enteralen Ernährungstherapie in erster Linie faser- sowie fettarme Lebensmittel wie Zwieback oder klare Suppe gefragt. Als Getränk eignet sich stilles Wasser. Im weiteren Verlauf wird der Speiseplan schrittweise um weitere Nahrungsmittel ergänzt.
Wie entsteht das Kurzdarmsyndrom?
Das selten auftretende Kurzdarmsyndrom kann infolge einer Operation entstehen, wenn große Teile des Darms entfernt wurden.
Es gibt verschiedene Ursachen und Krankheitsbilder, die einen solchen chirurgischen Eingriff notwendig machen, beispielsweise:
- Darmverschluss
- chronisch-entzündliche Darmerkrankungen (z.B. Morbus Crohn)
- schwere Bauchverletzungen
- Schäden durch Strahlenbehandlung (Strahlenenteritis)
- Mesenterialinfarkt (Durchblutungsstörung des Darms)
- intestinale Pseudoobstruktion (seltene Beweglichkeitsstörung des Magen-Darm-Traktes)
- Desmoidtumore (Weichteiltumore, beispielsweise in der Bauchwand)
Es gibt zudem einige Fälle, bei denen das Kurzdarmsyndrom ohne operativen Eingriff auftritt: Zum Beispiel gibt es Frühgeborene, bei denen die Erkrankung durch angeborene Fehlbildungen oder schwere Entzündungen im Magen-Darm-Trakt (nekrotisierende Enterokolitis) bedingt ist – in der Folge sterben Teile des Darms ab.
Kurzdarmsyndrom: Was bedeutet das für den Darm?
Wird bei einem operativen Eingriff mehr als die Hälfte des Dünndarms entfernt, beeinträchtigt dies die Darmfunktion.2 Der verkürzte Darm weist dann eine verminderte Resorptionsfläche auf. Das bedeutet, er ist nicht mehr in der Lage, Nährstoffe wie Eiweiße und Kohlenhydrate, Mineralien (beispielsweise Natrium und Calcium) sowie Wasser in ausreichender Menge aufzunehmen. Das zieht mitunter verschiedene Komplikationen nach sich, beispielsweise Durchfall (Diarrhoe), Gewichtsverlust oder eine schwere Mangelernährung, die bei Nichtbehandlung tödliche Folgen haben kann.
So äußert sich das Kurzdarmsyndrom: Durchfall als typisches Symptom
Das Kurzdarmsyndrom äußert sich vor allem durch starken Durchfall (Diarrhoe). In der Regel ist dies auf die zwei folgenden Ursachen zurückzuführen:
- Makronährstoffe wie Kohlenhydrate, Proteine und Fette werden nicht vollständig aufgenommen und binden Wasser (osmotische Diarrhoe).
- Es kommt zu einer nur teilweisen Resorption von Wasser und Mineralien (sekretorische Diarrhoe).
Der Durchfall hat einen starken Wasserverlust zur Folge, der auch durch vermehrtes Trinken meist nicht ausgeglichen werden kann. Normalerweise sind es 100 bis 200 Milliliter Wasser, die mit dem Stuhl pro Tag ausgeschieden werden – im Rahmen der Darmerkrankung sind es zwischen 1,5 und 6 Liter Flüssigkeit.3 Damit einher geht zudem ein Verlust von Mineralien (beispielsweise Mengenelemente wie Calcium, Natrium und Spurenelemente, zum Beispiel Eisen oder Kupfer).
Verschiedene Arten des Kurzdarmsyndroms:1
- Typ-I: große Teile des Dünndarms werden entfernt, der noch bestehende Teil endet in einem künstlichen Darmausgang (Stoma)
- Typ-II: der Übergang vom Dünn- zum Dickdarm wird entfernt
- Typ-III: Abschnitte des Dünndarms werden entfernt, der Übergang zum Dickdarm bleibt erhalten
Je nachdem, welcher Darmabschnitt betroffen ist und wie viel jeweils entfernt wurde, sind zudem weitere Folgeerscheinungen möglich. Beispielsweise werden Makronährstoffe (wie Kohlenhydrate und Eiweiß) sowie Mikronährstoffe (unter anderem Vitamine) überwiegend vom Dünndarm aufgenommen. Kommt es hier zu einer operativen Entfernung, kann das beispielsweise folgende Mangelerscheinungen begünstigen:
- Unterversorgung mit Kohlenhydraten: Gewichtsabnahme, Schwäche
- Unterversorgung mit Eiweiß: Muskelschwund, erhöhte Infektanfälligkeit
Zudem sind der Dünn- und Teile des Dickdarms für die Resorption von Wasser und Mineralien verantwortlich. Ein Defizit äußert sich hier beispielsweise durch Austrocknung, wenn zu wenig Wasser resorbiert wurde. Fehlt dem Körper Magnesium, kommt es unter anderem zu Muskelschwäche beziehungsweise -krämpfen.
Verlauf und Prognose des Kurzdarmsyndroms
Direkt nach dem operativen Eingriff und mit der Wiederaufnahme von Nahrung ist das Ausmaß der Störung am größten. Demnach besteht zu diesem Zeitpunkt das gravierendste Risiko für eine Unterversorgung mit Wasser und Mineralien. Patienten, bei denen ein Kurzdarmsyndrom absehbar ist, werden deshalb häufig auf der Intensivstation behalten und intravenös mit wichtigen Nährstoffen versorgt.
Erst zu einem späteren Zeitpunkt ist es möglich zu sagen, inwieweit der Darm in der Lage ist, ausreichend Mineralien und Co. aufzunehmen. Mit welcher Geschwindigkeit Mangelerscheinungen auftreten, lässt sich nicht vorhersagen. Ein Defizit mit Wasser macht sich meist nach wenigen Tagen bemerkbar.
Demgegenüber können sich beispielsweise die Symptome einer Unterversorgung mit Vitamin B12 (wie Nervenschäden, Blutarmut) auch erst Monate oder Jahre später zeigen, da der Körper in der Lage ist, den Nährstoff eine Zeit lang in der Leber zu speichern.
Adaption des Darms – was ist das?
Die Aufnahme von Nährstoffen (Resorption) ist im gesunden Darm auf bestimmte Abschnitte beschränkt. Kommt es zu einer Entfernung großer Teile des Organs, wird dieses ausgeklügelte System gestört – die anschließende Anpassung des Darms an die neuen Gegebenheiten bezeichnen Mediziner als Adaption. Die Darmoberfläche wird durch Wachstumsvorgänge vergrößert, um die Resorptionsleistung zu verbessern.
In welchem Ausmaß die Anpassung erfolgt, ist von Umfang und Lokalisation des vorangegangenen Darmverlustes abhängig. Es handelt sich um einen langsamen Prozess, der bis zu einem Jahr dauern kann.2 Die Details der biologischen Vorgänge innerhalb der Adaption sind jedoch bislang nicht bekannt.
In welchem Ausmaß die Darmerkrankung das Leben der Patienten beeinflusst, ist von vielen Faktoren abhängig. Einerseits spielt der Umfang der Entfernung des Organs (Resektion) selbst eine Rolle, andererseits ist auch die Qualität der Langzeitversorgung nicht außer Acht zu lassen. Allgemein ist es jedoch so, dass bei optimaler Einstellung der Ernährung die Lebensqualität sowie Lebenserwartung der Betroffenen kaum eingeschränkt ist.4
Ernährungstherapien beim Kurzdarmsyndrom: Enteral oder parenteral?
Bei der Therapie des Kurzdarmsyndroms kommt vor allem der Ernährung eine entscheidende Rolle zu. Spezifische Maßnahmen sollen gewährleisten, dass die Versorgung mit Wasser und Nährstoffen gesichert ist.
Dabei wird zwischen der enteralen Ernährung (unter Beteiligung des Darms) und der parenteralen Ernährung (Nährstoffversorgung über die Vene) unterschieden. Welche Ernährungsform zum Einsatz kommt – möglich ist auch eine Kombination –, richtet sich nach dem Ausmaß der Darmerkrankung.
Enterale Ernährung
Ist die Resorptionsleistung des Darms nach der Operation weiterhin gegeben, wird auf die enterale Ernährung – unter Beteiligung des Darmtrakts – zurückgegriffen. Dabei erfolgt die Nahrungsaufnahme beispielsweise über eine Sonde oder oral (über den Mund) als Trinknahrung.
Ist der Patient wieder in der Lage selbst zu essen, erfolgt ein schrittweiser Kostaufbau: Zu Beginn steht vor allem eine fein geschnittene, faser- und fettarme Diät an, um den Darm nicht zu überfordern.
Eine solche Schonkost kann beispielsweise folgende Lebensmittel beinhalten:
- stilles Wasser
- milde Tees, beispielsweise Kamillentee
- klare Brühe
- Zwieback
- Obstkompott
- Naturjoghurt
- Kartoffelpüree
- Reis und Nudeln
- gekochtes oder gedünstetes, leicht verdauliches Gemüse, zum Beispiel Karotten und Sellerie
- fettarmes Fleisch
- Fisch
- fettarmer Käse
Hat der Darm die anfängliche Schonkost vertragen, ist es möglich, den Speiseplan schrittweise zu erweitern. Dabei gilt es auszuprobieren, welche Lebensmittel vertragen werden.
Tipp: Ernährungstagebuch führen!
In diesem können Patienten genau notieren, wann welches Lebensmittel gegessen wurde und ob im Anschluss Beschwerden aufgetreten sind. Auf diese Weise lassen sich individuelle Unverträglichkeit herausfinden.
Von besonders süßen Nahrungsmitteln wie Marmelade oder Honig ist abzusehen, da der enthaltene Zucker Wasser in den Darm zieht und vorhandenen Durchfall verstärken kann. Auch auf einige schwer verdauliche oder blähende Nahrungsmittel sollten Patienten vorerst besser verzichten. Denn sie können die Darmpassage beschleunigen, was unter Umständen ebenfalls Durchfall fördert. Zu diesen Speisen gehören zum Beispiel:
- Rohkost
- Zitrusfrüchte
- Frittiertes
- Kohlgemüse
- Hülsenfrüchte und Linsen
- Pilze
Vorsicht ist zudem bei abführend wirkenden Speisen geboten, zu denen Kaffee, Fruchtsäfte und sehr zuckerhaltige Getränke gehören. Auch das Meiden von Alkohol und Nikotin ist beim Kurzdarmsyndrom wichtig.
Gut zu wissen!
Am besten ist es, 6 bis 10 kleinere Mahlzeiten pro Tag zu sich zu nehmen und frühestens eine Stunde nach dem Essen etwas zu trinken, da dies die Verweildauer der Nahrung im Magen-Darm-Trakt verzögert.3
Bei der Frage nach der Flüssigkeitszufuhr ist zu beachten, dass übermäßiges Trinken den erhöhten Verlust von Wasser und Mineralien nicht ausgleichen kann — im Gegenteil: dies führt nur zum „Durchspülen“ und einer Verstärkung des Durchfalls. Darüber hinaus sollten folgende Tipps beachtet werden:
- Getränke ohne Kohlensäure gelten als verträglicher und erzeugen weniger Durchfall.
- Liegt ein Kalium-Mangel infolge von Durchfall vor, kann nach Rücksprache mit dem Arzt auf Kalium-Tabletten zurückgegriffen werden. Auch Bananen weisen viel Kalium auf.
- Gegenüber normalen Getränken enthalten isotonische Getränke mehr Mineralien, wodurch sich eventuell entstandene Verluste ausgleichen lassen.
Des Weiteren gibt es spezielle Flüssigkeitslösungen, die als Medikamente zur Verfügung stehen. Häufig handelt es sich um Pulver, die mit Wasser vermengt besonders gut vom Darm aufgenommen werden und einen Großteil des Mineralverlusts ausgleichen können. Ob solche Lösungen infrage kommen, besprechen Betroffene am besten mit ihrem behandelnden Arzt.
Sollte die Energiezufuhr durch die genannten Diätmaßnahmen nur unzureichend gedeckt sein, stehen zudem spezielle, hochkalorische Produkte zur Verfügung. Diese enthalten in unterschiedlichen Zusammensetzungen Fette, Kohlenhydrate und Eiweiß. Erhältlich ist die Zusatznahrung als trinkfertige Lösung oder geschmacksneutrales Pulver, das anderen Speisen beigemengt werden kann. Art und Dosierung der Zusatznahrung bestimmt der Arzt.
Wichtig!
Patienten, die ein enterale Ernährungstherapie erhalten, sollten die regelmäßigen medizinischen Kontrolltermine wahrnehmen — nur so lässt sich der Erfolg der Behandlung sicherstellen. Dabei kann der Arzt eine Blutuntersuchung anordnen, um die Versorgung von Nährstoffen einzuschätzen.
Parenterale Ernährung
Die parenterale Ernährung (Ernährung über die Vene) kommt dann für Patienten mit Kurzdarmsyndrom infrage, wenn
- die Resorptionsleistung des Darms nach dem operativen Eingriff vorübergehend oder dauerhaft eingeschränkt, und
- die enterale Ernährung nicht ausreichend ist.
Bei der lebenswichtigen therapeutischen Maßnahme werden den Betroffenen durch Infusionen über die Venen Nährstoffe, Mineralien und/oder Flüssigkeit zugeführt.
In welchen Dosierungen Kohlenhydrate, Fette und Co. verabreicht werden, hängt unter anderem vom Körpergewicht des Patienten ab. Bei der Flüssigkeitszufuhr ist vor allem entscheidend, wie groß der Verlust über den Urin, die Haut und den Stuhlgang ist. Da es beim Kurzdarmsyndrom häufig zu Durchfall kommt, besteht in der Regel ein erhöhter Flüssigkeitsbedarf.
Gut zu wissen:
Insbesondere wenn die parenterale Ernährung dauerhaft ist, muss diese optimal eingestellt sein. Ist dies nicht der Fall, kann es zu Komplikationen wie beispielsweise einer Thrombose oder Veränderungen der Leberwerte und in der Folge zu Leberschäden kommen. Daher sind engmaschige Kontrollen und stete Anpassungen der Therapiemaßnahme notwendig.
Dünndarmtransplantation als möglicher Behandlungsansatz?
Kommt es im Rahmen der parenteralen Ernährung zu keiner Besserung oder treten wiederholt Komplikationen (beispielsweise Thrombosen) auf, ist mitunter eine Dünndarmtransplantation notwendig. Dabei handelt es sich, im Vergleich zur Nieren- oder Lebertransplantation, um einen relativ seltenen Eingriff: In Deutschland werden bisher pro Jahr etwa 3 Transplantationen durchgeführt.5
Dank des medizinischen Fortschritts verbessern sich die Erfolgsaussichten des Eingriffs konstant: Von 100 transplantierten Dünndärmen sind ein Jahr nach der Operation noch circa 90 funktionsfähig, während es nach drei Jahren noch etwa 70 Organe sind.6